Einheit

Deutschlandhalle

Der City Cube Berlin, nachts grün beleuchtet. Vor dem Gebäude parken Taxis.

Der City Cube Berlin, Januar 2015.

Eine Reihe von Trabants parkt vor einem Gebäude mit dem zentralen Schriftzug Deutschlandhalle. Links und rechts des Gebäudes sind Plakate zu sehen, die für ein internationales Reitturnier im November 1989 werben.

Die Deutschlandhalle am 20. November 1989.

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Freudentaumel mit Musik

Bands aus West und Ost unterbrechen ihre Tourneen, um kurz nach dem Mauerfall in Berlin dabei zu sein: Am 12. November 1989 spielen sie gemeinsam in der West-Berliner Deutschlandhalle ein Gratiskonzert für Publikum aus ganz Berlin. Tausende junge Menschen bejubeln dort die Öffnung der innerdeutschen Grenze.

DIE GESCHICHTE HÖREN

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Die Grenzen sind offen, aber werden sie es bleiben? Der Drang, auf den Mauerfall zu reagieren, ist nach dem 9. November 1989 allgegenwärtig. Theater, Stadien, Konzertsäle in West-Berlin öffnen am Wochenende nach dem Mauerfall spontan ihre Veranstaltungen für Publikum mit DDR-Pass. Wer seinen Ausweis aus dem Osten vorzeigt, erhält freien Eintritt. Ein spontanes Festival in der Deutschlandhalle geht noch weiter: Freier Eintritt für alle! Am Sonntag, 12. November, findet das "Konzert für Berlin" statt. Das Gratis-Event unweit des Messegeländes in West-Berlin richtet sich an junge Menschen aus Ost und West.

"Dass wir jetzt so zusammen sind, das verdanken wir ja wohl den Demonstranten und der Demokratie-Bewegung in der DDR!", jubelt Udo Lindenberg und erhält überwältigenden Zuspruch aus dem Publikum. Der Künstler darf jahrelang nicht in der DDR auftreten, obwohl er sich seit 1976 dafür einsetzt, dort eine Tournee für seine Fans spielen zu dürfen. Nun, drei Tage nach dem Mauerfall, begrüßt ihn das Publikum aus Ost und West stürmisch. Besonders feiern sie ihn für Textpassagen, in denen er sich offen kritisch über die Diktatur im Osten äußert. Er schwört die Feiernden darauf ein, dass weitere Veränderungen kommen werden. Doch nicht alle sind überzeugt, dass die Mauer offen bleibt.

Die Situation an der Grenze ist noch so unsicher, dass das Organisationsteam das Festival vom Platz vor dem Reichstagsgebäude in die Deutschlandhalle verlegen muss. Drinnen statt draußen und weit weg von den Grenzsoldaten der DDR. Auf den Straßen ist es dennoch zu hören, denn unzählige Leute hängen ihre Radios aus den Fenstern und beschallen die Straßen mit der Live-Übertragung. So verbreitet sich auch die Nachricht über das Konzert. Es wird am Ende elf Stunden dauern und insgesamt gut 50.000 Leute anziehen, die über den Tag verteilt zur Halle kommen.

Mit dabei sind Stars aus aller Welt: Joe Cocker und die Toten Hosen gehören zu denen, die dafür ihre laufenden Tourneen unterbrechen. Nina Hagen, BAP und Udo Lindenberg sind allen aus dem Radio bekannt. Vor allem das Publikum aus dem Osten singt begeistert mit, als DDR-Bands wie Pankow, Silly und Die Zöllner an der Reihe sind.

Die gemeinsamen Auftritte der anwesenden Künstler sorgen für mitreißende Stimmung. Wird die Mauer erwähnt, tönt das Publikum im Chor: "Abreißen, Abreißen, Abreißen!" So haben die jungen Menschen aus der DDR die Hoffnung, dass es nicht das letzte Konzert war, bei dem sie sich mit Musikbegeisterten von der anderen Seite der Stadt in den Armen liegen. Ein Zusammenschnitt des Programms ist wenige Wochen später sogar bei der Berlinale zu sehen, so sehr trifft der Freudentaumel des Abends den Zeitgeist.  

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Zeitzeuginnen und Zeitzeugen berichten

Das "Konzert für Berlin" in der Deutschlandhalle wird live von Radiosendern übertragen. Moderator Steffen Simon, Musiker Udo Lindenberg und Sängerin Tamara Danz beschreiben die Atmosphäre und ihre Zukunftshoffnungen.

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Intro
Steffen Simon richtet sich an das Konzert-Publikum.
Udo Lindenberg spricht optimistisch über das Ende der Mauer.
Tamara Danz verschlägt es fast die Sprache.
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Deutschlandhalle

Am Wochenende nach dem Mauerfall platzt West-Berlin aus allen Nähten. Tausende Neugierige kommen in die Stadt. Familienbesuche, Stadtbummel, aber auch Sport- und Musik-Events stehen auf dem Programm. Darunter das "Konzert für Berlin" in der Deutschlandhalle. Radiosender aus der Bundesrepublik übertragen alles live.

ZEITZEUGE

Steffen Simon

Steffen Simon moderiert das Elf-Stunden-Festival. Er ist Hörfunkjournalist und arbeitet beim Sender Freies Berlin im Westen. Am 12. November 1989 spricht er sowohl das Publikum vor Ort als auch an den Radiogeräten an.

"Die Tatsache, dass ihr heute hier seid, aus Ost und West, dass ihr in und vor der Deutschlandhalle seid, dass ihr zu Millionen an den Radiogeräten seid, dass hier heute Künstler aus Ost und West spielen beim Konzert für Berlin, ist Tatsache genug dafür, dass die Mauer keine Zukunft hat!"

ZEITZEUGE

Udo Lindenberg

Udo Lindenberg darf in der DDR nur 1983 einmal auftreten, danach werden ihm Genehmigungen verweigert. Das verarbeitet er in seinen Texten, die die DDR-Führung provozieren. Beim "Konzert für Berlin" blickt er optimistisch in die Zukunft.

"Sieht ja alles ganz günstig aus, ich nehme an, demnächst können wir rüberrattern und da Konzerte machen. Und davon träumen wir ja schon ganz ganz lange. Wir wollten auf der Straße spielen, weil ihr auf die Straße gegangen seid, aber nun sind wir hier in der Deutschlandhalle gelandet. Hier muss es also auch gehen. Bisschen klein geraten. Ja, die VoPos [Volkspolizei der DDR] stehen noch an der Mauer, aber die Mauer ist bleich geworden. Ein Riesensouvenir, der Rest muss auch noch weg!"

ZEITZEUGIN

Tamara Danz

Tamara Danz ist Sängerin der DDR-Rockband Silly. Gemeinsam mit anderen Künstlerinnen und Künstlern hat ihre Band nur wenige Monate zuvor ein Auftrittsverbot in Kauf genommen, als sie massive Kritik am Regime in der DDR geübt haben. Das Konzert mit Gästen und Publikum aus Ost und West verschlägt ihr die Sprache:

"Ich weiß gar nicht was ich sagen soll, die ganzen pathetischen Worte sind schon gefallen. Wir brauchen also niemanden mehr zu fragen, wenn wir irgendwo hinfahren wollen. Wo sind überhaupt die ganzen Ossis? Haben wir auch Wessis hier? … Geil!"

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