Transformation

Gedenkstätte Berliner Mauer

Mauerstück mit Stelen aus Stahl.

Gedenkstätte Berliner Mauer, 2022.

Luftaufnahme der erhaltenen Grenzbefestigung in der Gedenkstätte Berliner Mauer.

Das Mauerdenkmal kurz vor der Fertigstellung, 1998.

GEDENKSTSÄTTE BERLINER MAUER

Erinnerung an die Berliner Mauer

Alle Welt jubelt, als die Mauer endlich fällt. Doch ein Pfarrer denkt sogleich daran, sie zu erhalten. Sein Engagement begründet die Gedenkstätte Berliner Mauer.

DIE GESCHICHTE HÖREN

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November 1989. Manfred Fischer, Pfarrer der West-Berliner Versöhnungsgemeinde an der Bernauer Straße, kann nicht schlafen. Seit dem Fall der Mauer, die Berlin für beinahe drei Jahrzehnte durchschnitt, hacken sogenannte Mauerspechte bis tief in die Nacht auf den Beton des Bauwerks ein. Jeder will seinen Splitter, sein Andenken an das glückliche Ende der kommunistischen Diktatur und der Teilung Europas. Der Pfarrer eilt hinaus und bittet die Souvenirjäger, das verhasste Bauwerk zu schonen. Nicht nur um seinen Schlaf geht es ihm. Er denkt an die Zukunft und an die Aufgabe, die Berliner Mauer für spätere Generationen zu erhalten.

Ende Dezember 1989 entscheidet die DDR-Regierung, die Mauer abzureißen. Bald darauf erklärt Pfarrer Fischer im DDR-Fernsehen, dass in der Bernauer Straße an die tödliche Grenze erinnert werden solle. Er überredet Soldaten, die mit dem Abriss beauftragt sind, ihre Arbeit abzubrechen. Beim Deutschen Historischen Museum findet er Mitstreiter. Sie lassen einen Mauerabschnitt nahe Fischers Gemeindehaus umzäunen und bewachen. Mit Erfolg: An seinem letzten Arbeitstag, dem 2. Oktober 1990, stellt der Magistrat von Ost-Berlin unter anderem diesen Mauerabschnitt unter Denkmalschutz.

Die Bernauer Straße weckt starke Gefühle. Hier sprangen in den Tagen nach dem Mauerbau 1961 Flüchtende aus den Fenstern ihrer DDR-Wohnungen in den Westen, einige kamen dabei ums Leben. Die Versöhnungsgemeinde von Pfarrer Fischer war plötzlich geteilt, ihr Gotteshaus stand im Sperrgebiet, den Gläubigen in West-Berlin blieb nur das Gemeindehaus schräg gegenüber. 1985 sprengte die DDR die Kirche. All das wollen 1989/90 viele endlich vergessen – "Die Mauer muss weg" heißt die Devise. Für die Bernauer Straße plant der Senat von West-Berlin den Bau einer sechsspurigen Straße. Eine Bürgerinitiative will das verhindern, und tatsächlich beschließt das Land Berlin den Bau eines Denkmals. 1998 wird es fertiggestellt, bald darauf auch das Dokumentationszentrum im Haus der Versöhnungsgemeinde. Diese weiht im Jahr 2000 die Kapelle der Versöhnung an der Stelle ein, wo einst ihre Kirche stand.

"Wo ist die Mauer?", fragen immer mehr Berlin-Besucherinnen und -Besucher, von denen längst nicht alle den Weg an die Bernauer Straße finden. Der Berliner Senat formuliert deshalb 2006 ein "Gesamtkonzept zur Erinnerung an die Berliner Mauer". Darin ist die Gedenkstätte an der Bernauer Straße Kern einer "Erinnerungslandschaft", die sich über gut zwei Kilometer Mauerstreifen erstreckt und 2014 eröffnet wird. Rostender Stahl und Rasen stehen seitdem an der Stelle von Beton und Kies der Grenzanlage. Die Architektur soll die Mauer räumlich nachvollziehbar machen, ohne sie nachzubauen. Was die Grenzsoldaten 1990 abräumten, bleibt unwiderruflich verschwunden – und was Manfred Fischer und seine Mitstreiter retteten, soll noch lange stehen.

GEDENKSTÄTTE BERLINER MAUER

Zeitzeuginnen und Zeitzeugen berichten

In der Gedenkstätte an der Bernauer Straße wird an die Mauer erinnert und ihrer Opfer gedacht. Zeitzeuginnen und Zeitzeugen berichten von der Rettung aus zugemauerten Häusern am heutigen Erinnerungsort, der Sprengung einer Kirche und der Frage, welche Rolle die Mauer heute noch im Stadtbild spielt.

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Intro
Werner Eckert erlebt den Mauerbau an der Bernauer Straße.
Gerda Neumann sieht die Sprengung der Versöhnungskirche.
Marlene Matakas vermisst die Mauer im Stadtbild.
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Gedenkstätte Berliner Mauer

Die Nachbarschaft an der Bernauer Straße ist direkt vom Mauerbau betroffen. Wohnhäuser werden zugemauert, Menschen fliehen in waghalsigen Aktionen in den Westen der Stadt. Die Versöhnungskirche steht plötzlich im Mauerstreifen auf der Grenze und wird vom DDR-Regime gesprengt. An diesem bewegten Ort erinnert heute die Gedenkstätte Berliner Mauer an die Geschichte von Mauerbau und Teilung. Dabei bewahrt sie auch ein Stück der Berliner Mauer, die ansonsten im Stadtbild wenig präsent ist.

ZEITZEUGE

Werner Eckert

Der West-Berliner Werner Eckert fährt am 13. August 1961 in die Bernauer Straße. Er beobachtet, wie Menschen aus den Fenstern in die Sprungtücher springen, und ermuntert sie dazu.

"Die Feuerwehr war aufgefahren mit Sprungtüchern. Und wir riefen da: 'Und springt doch!' Die standen in den Fenstern und keiner traute sich so recht. Und man wusste ja nicht, was passiert. Die Bürger, das war Wahnsinn, die konnten nichts mehr mitnehmen, höchstens eine Handtasche. Es sprangen viele runter ins Sprungtuch. Aber alles hinterlassen, alles zurücklassen, das Ganze, die Wohnung, das ganze Hab und Gut, das ist schon eine sehr schwere und furchtbare Entscheidung gewesen. Ich habe erlebt, wie sie raussprangen und wie die Menschen da auch riefen: 'Springt doch!' Auch ich war einer von denen, wir haben immer dann im Chor gerufen: 'Springt doch, springt doch! Habt Mut!'"

ZEITZEUGIN

Gerda Neumann

Gerda Neumann lebt in West-Berlin. Von ihrem Küchenfenster aus beobachtet sie 1985 die Sprengung der Versöhnungskirche. Sie erzählt, was für ein emotionaler Moment dies für sie ist.

"Die stand eben im Mauerstreifen. Die wollte man weghaben. Die Sprengung wurde so lange geheim gehalten, dass keiner etwas erfuhr, damit kein Aufschrei durch die Bevölkerung geht. Unser Pfarrer war damals leider überhaupt nicht in Berlin. Der war zu Studienzwecken in den USA. Und als es dann bekannt wurde, da passierte es auch. Dann sprach es sich in Windeseile rum. Und da sagte ich zu meinem Mann, als das mit dem Turm war: 'Ich geh nicht auf die Straße. Das kann ich nicht mit ansehen.' Aber von meinem Küchenfenster aus, da konnte ich die Hälfte des Turmes gerade noch sehen und da habe ich dann mit meinem Mann am Küchenfenster gestanden und als der Turm zusammensackte und das Kreuz im hohen Bogen davonflog, da hatte ich die Augen voller Tränen. Mein Mann nahm mich in den Arm und sagte: 'Ich weiß: Deine Kirche!'"

ZEITZEUGIN

Marlene Matakas

Wo in der Stadt ist die Mauer zu finden? Marlene Matakas kritisiert, dass sie im Stadtbild kaum noch zu entdecken ist.

"Man hat ja auch genügend getan, um sie aus dem Stadtbild zu vertilgen. Das finde ich nicht gut. Wenn ich Bekannte aus fremden Ländern oder aus Westdeutschland da habe, muss ich mich immer, erst besinnen und suchen, bis ich einmal einen Ort finde, wo noch ein Stückchen Mauer zu sehen ist und wo der Verlauf war. Ich habe das ungefähr im Kopf und habe noch ein paar alte Stadtpläne. Aber als Fremde müsste man ganz schön suchen."

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