Einheit

Kronprinzenpalais

Blick auf das klassizistische Kronprinzenpalais. Davor liegt der leere Boulevard Unter den Linden.

Das Kronprinzenpalais, 2022.

Blick auf das Kronprinzenpalais. Davor eine Straße mit Autos. Im Hintergrund befindet sich das weiße Hochhaus des DDR-Außenministeriums.

Das Kronprinzenpalais, 1980.

Kronprinzenpalais

Vertragsabschluss im Prachtbau

Die DDR tritt 1990 der Bundesrepublik bei. Der Einigungsvertrag schreibt viele rechtliche Details des Zusammenschlusses fest. So erfüllt die Regierung in Ost-Berlin ihr Wahlversprechen, die Deutsche Einheit rasch zu ermöglichen.

DIE GESCHICHTE HÖREN

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Am 31. August 1990 um 13.15 Uhr unterzeichnen Innenminister Wolfgang Schäuble für die Bundesrepublik Deutschland und Staatssekretär Günther Krause für die DDR im Kronprinzenpalais den Einigungsvertrag. Anwesend ist dabei auch das Personal aus der Gastronomie und der Druckerei, die die Verhandlungen begleiteten. Mit der ungewöhnlichen Einladung bedanken sich die Politiker dafür, dass die unterstützenden Kräfte in den vergangenen acht Wochen oft rund um die Uhr gearbeitet haben. 42 Entwürfe haben die Verhandelnden zu Papier gebracht. "Mehrfach waren die Druckmaschinen wegen Überbeanspruchung ausgefallen, die Menschen nie", erinnert sich Schäuble.

Erst elf Stunden vor der Unterzeichnung haben die Delegationen sich auf den endgültigen Wortlaut geeinigt. Letzter Zankapfel ist die Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen. Darüber streiten aber nicht etwa die Delegationen der beiden deutschen Staaten, sondern die Parteien in Bonn. SPD und FDP wollen verhindern, dass Frauen aus dem Westen bestraft werden, wenn sie im Osten eine Schwangerschaft beenden. Dort wäre nämlich zunächst weiterhin das weniger einschränkende DDR-Recht in Kraft.

Dass in Ost und West vorübergehend unterschiedliche Gesetze zur Abtreibung gelten, ist eine Ausnahme. Grundsätzlich soll mit der Wiedervereinigung im gesamten Staatsgebiet das bundesdeutsche Recht wirksam werden. DDR-Gesetze bestehen nur fort, wenn der Einigungsvertrag es ausdrücklich festschreibt. Die frei gewählte DDR-Regierung ist mit dem Versprechen angetreten, eine schnelle Einheit zu verwirklichen. Der schnellste Weg dorthin ist der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik, wie ihn das westdeutsche Grundgesetz vorsieht. Ein Land aber, das beitreten will, kleiner ist und von schweren Krisen geschüttelt, hat es schwer, auf Augenhöhe zu verhandeln. Schäuble erinnert sich an seine Worte zum Auftakt der Verhandlungen: "Wir wollen nicht kaltschnäuzig über Eure Wünsche und Interessen hinweggehen. Aber hier findet nicht die Vereinigung zweier gleicher Staaten statt."

Eine schnelle Einheit erschwert die gründliche Lösung strittiger Punkte. Und von denen gibt es einige. Was passiert mit den Stasi-Akten über Millionen bespitzelte Ostdeutsche? Soll Berlin oder Bonn die gesamtdeutsche Hauptstadt werden? Auf diese Fragen werden erst die Abgeordneten des gesamtdeutschen Bundestags Antworten geben, nachdem am 3. Oktober 1990 die DDR der Bundesrepublik beitritt.

Kronprinzenpalais

Zeitzeuginnen und Zeitzeugen berichten

Innenminister Wolfgang Schäuble führt für die westdeutsche Seite die Verhandlungen über den Einigungsvertrag, der am 3. Oktober 1990 in Kraft tritt. Er erinnert sich an die damals geführten Debatten und verrät, wie die Verhandlungen abgelaufen sind. 
 

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Wolfgang Schäuble sieht Art. 23 als Entgegenkommen des Westens.
Wolfgang Schäuble über einen Vorschlag von Lothar de Maizière.
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Kronprinzenpalais

Innenminister Wolfgang Schäuble führt für die Bundesrepublik die Verhandlungen über den Einigungsvertrag. Mit dessen Unterzeichnung am 31. August 1990 im Kronprinzenpalais werden die Bedingungen für die Wiedervereinigung offiziell geklärt.

ZEITZEUGE

Wolfgang Schäuble

Die Wahl vom März 1990 in der DDR gewinnen die Befürwortenden einer schnellen Einheit. Der Weg dazu ist der Beitritt der DDR zum Grundgesetz nach Artikel 23. Schäuble berichtet, warum er diesen Weg als Entgegenkommen des Westens ansieht. 

"Bei dem Weg über Artikel 23 wurden die Westdeutschen nicht gefragt. Die hatten ja schon mal im Grundgesetz selber erklärt: Diejenigen die jetzt noch nicht können, sollen später beitreten. Diese Entscheidung, die hat das Grundgesetz getroffen und insofern war es eine ausschließliche Frage an die Menschen in der DDR: Wollen sie oder wollen sie nicht? Deswegen sag ich heute manchmal: Beschwert euch nicht so viel! Nur ihr habt entschieden. Wir haben euch das alleinige Recht gelassen. Wir haben nicht Ja oder Nein sagen müssen – also wir Westdeutschen – sondern, es war klar: wie ihr euch entscheidet, ist es so. Das war eigentlich der großzügigere Weg gegenüber den Menschen in der DDR."

ZEITZEUGE

Wolfgang Schäuble

In der ersten Verhandlungsrunde zum Einigungsvertrag macht DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière einen gewagten Vorschlag: Er will die erste Strophe der DDR-Hymne in die gesamtdeutsche Hymne einbeziehen. Schäuble vermutet einen Hintergedanken.

"Lothar de Maizière ist eben zunächst einmal Musiker gewesen, ehe er Jurist wurde. Er hat eine ungeheure musikalische Sensibilität. Zweitens hat er natürlich seinen Spaß daran gehabt, darauf hinzuweisen, dass die Hymne der DDR – der Text – nicht gesungen werden durfte. Aber drittens war das auch so ein Punkt, wo ich dann gesagt habe: Ich glaube, wir haben dringendere Probleme und das ist auch nicht der Punkt. Nein, in Wahrheit wollte er natürlich ein Stück weit damit sagen: Immerhin muss es ja mal diskutiert werden und nicht es kann nicht ohne − ohne dass darüber gesprochen wird. Zweitens wollte er natürlich in der Hauptstadtfrage ein Stück weit Verhandlungsmasse oder Gesprächsmasse aufbauen."

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KRONPRINZENPALAIS

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