"Der Mauerpark ist eine typische Berliner Sehenswürdigkeit: Hier gibt es weder eine Mauer, noch einen Park." Der Berliner Schriftsteller Wladimir Kaminer spitzt zu und trifft den Eindruck, den viele Besucherinnen und Besucher haben. Sattes Grün finden sie längst nicht überall, dafür aber Menschen, die hier ein Gefühl der Freiheit genießen. Das liegt zum einen am Berliner Lebensstil, zum andern an der besonderen Geschichte des Orts. Denn hier verlief die tödliche Berliner Mauer, die fast drei Jahrzehnte lang verhinderte, dass Menschen vom Ostteil der Stadt in den freien Westen flohen.
Die Schrecken der Mauer enden 1989. Während große Teile des Grenzstreifens ursprünglich in Privatbesitz waren, gehört der Abschnitt zwischen Bernauer Straße und S-Bahn-Ring dem Land Berlin. Bald erobern Anwohner das ehemalige Sperrgebiet und pflanzen Bäume. Im Oktober 1990 beschließt das Berliner Abgeordnetenhaus, neue Grünflächen auf dem Mauerstreifen anzulegen. So soll auch zwischen dem West-Berliner Stadtteil Wedding und dem Ost-Berliner Prenzlauer Berg eine "grüne Brücke" entstehen. Doch wie groß wird der Park werden? Soll er die gesamte Fläche des Güterbahnhofs umfassen, der hier einst stand? Oder werden dort auch Wohnungen entstehen? Darum streiten in den folgenden Jahrzehnten Bezirkspolitiker, Senat, Investoren und Bürgerinitiativen.
Als der Bezirk Berlin-Mitte 2015 ein Bürgerbegehren für "100% Mauerpark" zulässt, verhindert der Berliner Senat die Durchführung und zieht das Projekt an sich. Er bewilligt – zur Empörung der Bürgerinitiative – den Bau von über 700 Wohnungen im Norden des Areals. Im Gegenzug überlässt der Grundeigentümer, eine private Immobiliengesellschaft, der Stadt einige Hektar für den Ausbau des Parks. Mit der 2020 fertiggestellten Erweiterung umfasst der Mauerpark nun 13 Hektar, also eine Fläche von etwa 18 Fußballfeldern. Der zusätzliche Raum entlastet die abgenutzten Grasflächen des alten Parks.
An warmen Wochenenden trifft sich hier die Welt, sonnt sich, grillt, besucht den Flohmarkt und lauscht Musikerinnen und Musikern. Viele Anwohner wollen jedoch von den Bands, Trommlern und Sängern, die sich spontan einfinden, nichts hören. Immer wieder muss die Polizei für Ruhe sorgen. Der Park leidet zudem unter dem Besucherandrang und dem Müll, der zurückbleibt. Trotz solcher Probleme sind die Schatten der Vergangenheit kaum irgendwo so gründlich überwunden wie im Mauerpark.